Im Gespräch Zur Schönen neuen Welt (Zukunftsvision des Aldous Huxley): Kontakt ins Jahr 2050 angebahnt

24.4.2005

Was Brockhaus und Robert Jungk zu Huxley schreiben

Liebe Frederike Roemer, liebe Annette Schlemm, lieber Walter Häcker,

Nach Ihrer Anfrage zur Unterstützung ihrer Seminarfacharbeit über Verbindungen zwischen dem Werk des Schriftstellers Aldous Huxley und der Zukunftsforschung zu Vorstellungen von Menschen über das Jahr 2500, hat mich die Person Aldous Huxley nicht losgelassen. So fand ich in der Brockhaus-Enzyklopädie (Mannheim 1989, 19. Auflage Band 10) zu seinem Leben und Wirken einige Informationen, die zur Betrachtung des Themas interessant sein könnten:

Seit 1921 schrieb Huxley satirische Romane aus der Desillusionierung der Nachkriegszeit, z.B. "Chromgelb", "Narrenreigen", und als "erstes Meisterwerk" vom Brockhaus besonders hervorgehoben, 1928 "Kontrapunkt des Lebens". Dieser Roman sei fugenartig angelegt und dem Prinzip der allseitigen Entwicklung des Menschen zur Ganzheit verpflichtet. Weiter schreibt der Brockhaus, Huxley kritisiere gesellschaftliche Spezialisierung und rationalistischen Fortschrittsglauben, und diese beiden seinen satirisch bloßgestellt in der Antiutopie von 1932 "Schöne neue Welt".

Huxley Es ist zu lesen, dass Huxley für den Pazifismus eintrat, sich mit fernöstlicher Philosophie beschäftigte und mit Drogen experimentierte. Nach meheren weiteren Romanen veröffentlichte er 1948 erneut eine Antiutopie mit dem Titel "Affe und Wesen", 1958 einen Kommenar zum eigenen Roman "Schöne neue Welt": "30 Jahre danach – Wiedersehen mit einer wackeren neuen Welt" und 1962 eine ökologische Utopie mit dem Titel "Eiland".

Mit seiner Kritik von gesellschaftlicher Spezialisierung und rationalistischem Fortschrittsglauben passt Huxley gut in die Gedankenwelt von Robert Jungk, Vordenker der Zukunftswerkstätten. Jedoch grenzte Jungk sein Bild von der Zukunft deutlich von dem Bild Huxleys ab, indem er 1952 in seinem Buch "Die Zukunft hat schon begonnen" schrieb, wir seinen nicht wie in Huxleys Zukunftsroman durch den breiten Graben der Zeit von dem reißenden Tier Zukunft getrennt, sondern das Neue, Andere, Erschreckende lebe schon mitten unter uns. Zukunft sei keine sauber von der Gegenwart abgelöste Utopie, sie habe schon begonnen, aber könne, wenn rechtzeitig erkannt, verändert werden. (Vollständiges Zitat und bibliografische Angaben an anderer Stelle dieser Website.)

Meines Erachtens wäre sowohl die Kenntnis von den beiden weiteren utopischen Werken "Affe und Wesen" und "Eiland" als auch die Untersuchung zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden in den Sichtweisen Huxleys und Jungks vielversprechend, um die begonnene Arbeit voran zu bringen.

Schüppe im Methodendschungel Interessant wäre auch, die Abgrenzung dessen, was Utopien, Antiutopien oder Dystopien ausmacht, einmal allgemein dazulegen und verständlich zu machen. Gerade der Begriff der Utopie hat für die Moderation einer Zukunftswerkstatt eine zentrale Bedeutung. Die Phantasie- und Utopiephase soll dort dazu anregen, eigene Traumbilder und Wünsche zur Gestaltung einer positiven, wünschenswerten Zukunft zu gestalten. (Zur Funktion der Phantasie- und Utopiephase lässt sich ein Text zur Sehnsucht nach Utopia aus einem 1996 veröffentlichen Buch zu Grundlagen der Schulpädagogik heranziehen, ein Textauszug daraus findet sich an anderer Stelle dieser Website.)

Interessant deshalb, weil doch viele Menschen bei der Kategorie Utopie an negative, mit angstvollen Bildern besetzte Zukunft denken, die gerade nicht wünschenswert ist, eben so wie Huxeys schöne neue Welt. Eine Neubesetzung der Bedeutung von Utopie scheint wichtig, vielleicht auch die Kreation eines neuen Begriffs, der die positive Perspektive unverwechselbar darstellt.

Ich möchte Sie auch dazu anregen, Ergebnisse der weiteren Arbeit zu diesem Thema auf der für November 2005 in Bad Boll (zwischen Stuttgart und Ulm) geplanten Tagung zum Thema "Tatort Zukunft – 11 Jahre nach Robert Jungk" zu präsentieren. Wenn eine konkrete Zusage eines Tagungsbeitags (Workshop-Einheit, Ausstellungstafel, Kurzbericht, o.ä.) bis zum 15. Mai 2005 vorliegt, kann die Evangelische Akademie zu erheblich ermäßigtem Tagungskostensatz einladen. Gerne unterstütze ich die Kontaktaufnahme mit Walter Häcker, der die Vorbereitung dieser Tagung innehält.

Bitte halten Sie mich auf dem Laufenden zur Diskussion auch vom persönlichen Teffen in Jena. Telefonisch bin ich erst wieder im Mai erreichbar, da ich inzwischen einen "Open Space" in Chemnitz zur Zukunft der Schulsozialarbeit in Sachsen moderiere.

Herzliche Grüße aus Köln, Stephan G. Geffers


Antwort: Mit Metopie über Utopie hinausgewachsen? [ AustauschBar ]